Bildung

ernst_jungfrauMax Ernst: Die Jungfrau züchtigt das Jesuskind
vor drei Zeugen: André Breton, Paul Éluard und dem Maler

Bildung ist seit einigen Jahren in den fortgeschrittenen Industrieländern ein zentrales Thema in Presse und Medien. Gesellschaftlich begründet ist seine Relevanz im technischen Fortschritt der kapitalistischen Produktion und ihrem zunehmenden Bedarf an einigermaßen ausgebildeten Arbeitskräften, die die teuren Maschinen auch fachgerecht zu bedienen verstehen. Propagandistisch vorangetrieben wird die Diskussion vor allem von neoliberalen Humankapitaltheoretikern. Für sie geht es bei Bildung um die Herstellung der Ware Arbeitskraft, und zwar dergestalt, dass sie auch geeignet ist für den modernen Produktionsprozess.

Ihre Gegner, sowohl linke wie rechte, die hier in sonderbarem Einklang argumentieren, berufen sich demgegenüber auf den althergebrachten humanistischen Bildungsbegriff humboldtscher Prägung. Sie merken kaum, dass sie damit auf verlorenem Posten stehen und von der gesellschaftlichen Entwicklung überrollt werden, die gerade den allgemeinen Bildungsanspruch einzulösen und ihre Beschränkung auf eine vermeintliche Elite aufzulösen scheint.

Obwohl Adorno zufolge Bildung „nichts anderes als Kultur nach der Seite ihrer subjektiven Zueignung“ (Ders.: Theorie der Halbbildung) und die Kultur von ihr abzutrennen deshalb selbst Ausdruck von Halbbildung ist, ist dem Thema Bildung wegen seiner öffentlichen Bedeutung in dieser Zeitschrift eine eigene Seite gewidmet. Die Beiträge auf dieser Seite sind denn auch im Kontext der oben skizzierten Debatte zu verstehen. In ihnen soll es einerseits um die Verkürzung der Bildung auf die Produktion der Ware Arbeitskraft und ihre Kritik, andrerseits darum gehen, inwiefern Bildung aus der Logik ihres eigenen Begriffs so auf den Hund kommen konnte und wie dieser Begriff so weiterentwickelt werden kann, dass er über den festgefahrenen Gegensatz, der die öffentliche Diskussion bestimmt, hinausführt. Im Sinne Adornos sind aber gerade dazu Überschneidungen mit der Kulturseite sachlich notwendig.

Aufsätze:

Über Humankapital und einige seiner Familienprobleme

Bildung wird heutzutage als wesentliches Moment der Herstellung von sogenanntem Humankapital missverstanden. Der Autor Christian Oswald analysiert in seinem Aufsatz „Über Humankapital und einige seiner Familienprobleme“, der ursprünglich in gekürzter Form in dem Band „Ungleiche Geschlechtergleichheit“ (hrg. von Rita Casale und Edgar Foster, Opladen, Berlin, Toronto 2011)  der Reihe „Jahrbuch Frauen- und Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft“ veröffentlicht wurde, die Humankapitaltheorie als fortgeschrittene Ideologie unserer Zeit und versucht zu zeigen, inwiefern sich in ihr ein Zustand der kapitalistischen Produktionsweise reflektiert, die um ihrer Aufrechterhaltung willen strukturell der Zunahme von Formen direkter Gewaltanwendung gerade in der sogenannten Privatsphäre bedarf.

Humankapital_und_Familienprobleme


Bildung zum Humankapital

Dieser von Rita Casale und Christian Oswald gemeinsam verfasste Artikel ist in kürzerer Fassung zuerst in dem von Katharina Walgenbach 2019 herausgegebenen Sammelband „Bildung und Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Zur neoliberalen Neuordnung von Staat, Ökonomie und Privatsphäre“ erschienen. Darin untersuchen die beiden Autoren, inwiefern und warum die Bildung zum Humankapital zum zentralen Ziel der heute institutionalisierten Bildung werden konnte.

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Blogbeiträge:

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